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Heimatgeschichte - Teil 1

Kronzeugen für die Anfänge des „Kronprinz“ gesucht /

Geschichte eines Traditionslokals (1)

FALKENSEE - Die Beweislage ist dürftig. Doch es hält sich die Mär, dass es das Hotel „Kronprinz“ bereits um 1890 gegeben haben soll. Damit hätte es bereits acht Jahre vor der eigentlichen Parzellierung des Falkenhagener Bauernlandes mitten im Wald gestanden. Was ja für gewisse Lustbarkeiten am preußischen Hofe kein schlechter Ort gewesen wäre. Kolportiert wird nämlich auch, dass es seinen Namen deshalb erhalten habe, weil es dem Kronprinzen Wilhelm und dessen Mätressen als Liebesnest gedient haben soll. Im Jahre 1890 war der Knabe, der niemals Kaiser werden sollte, zwar gerade mal acht, aber zur Jahrhundertwende schon 18.

Womöglich gab es ja einen Vorgängerbau? Eine alte Landkarte aus dem Jahr 1901 weist zumindest an eben dieser Stelle ein Gebäude aus. Da war der Bauantrag für das bis heute erhaltene Lokal noch gar nicht gestellt.

Wie dem auch sei – das Hotel „Kronprinz“ kann neben geschäftsfördernden Legenden auch allerhand belegbare Historie vorweisen. Das Haus an der Friedrich-Engels-Allee 127 in Falkensee, das seit nunmehr 38 Jahren von Conny Henkel geführt wird, war zunächst im Jahr 1902 als stattliches Wohnhaus errichtet worden – an der Kaiser-Wilhelm-Allee, denn der umstürzlerische Philosoph Engels galt nicht allzu viel im Kaiserreich. Als Bauherr fungierte der Kaufmann August Wendt zu Berlin, der offenbar mit diesem Bau viele Scherereien hatte, denn es waren amtlicherseits immer wieder Nacharbeiten eingefordert worden. Ob ihn dieser Ärger letztlich ins Grab brachte, ist nicht überliefert. Aber schon zwei Jahre später beantragte die Witwe Olga Wendt, geborene Brandt, für sich und ihre minderjährigen Kinder, das großbürgerliche Wohnhaus zu einem Restaurant mit Billard- und Gastzimmer, Bierkeller, Küche und Vorratskammern umrüsten zu lassen. Offenbar musste sie sich nun als Witwe andere Erwerbsquellen erschließen.

Belegt ist auch, dass im Februar 1913 der Gastwirt Fritz Schmidt das Lokal betrieb, das offenbar mit seiner Gründung den Namen „Zum Kronprinzen“ erhalten hatte. Einer seiner Nachfolger, der Schankwirt Walter Haack, ließ dann 1924/25 die Kegelbahn errichten, die ihm zwar viel Zulauf, aber auch einigen Ärger einbrachte: Er hatte sie viel zu dicht ans Nachbargrundstück setzen lassen. Die neue Attraktion des Hauses schlug sich seit 1925 auch im Namen nieder: Das Lokal hieß fortan „Keglerheim“. 1918 hatte der Kaiser samt Kronprinz, Fürsten und Grafen ohnehin abgedankt. Gastwirt Haack war es denn auch, der den Halbrund-Erker, der bis heute das Eingangsportal darstellt, anbauen ließ.

„Wendt, Haack und ich – das waren die einzigen Eigentümer in dieser mehr als 100-jährigen Geschichte. Alle anderen Wirte hatten das Haus lediglich gepachtet“, hält Conny Henkel fest, die seit 1972 das Haus mit Geschick, Geschmack und einer guten Portion Glück führt und es nach der Wende auch erworben hat. Seit 1995 trägt es wieder den alten Namen „Kronprinz“.

Doch damals, vor 38 Jahren, war die gelernte Außenhandelskauffrau Angestellte der volkseigenen Handelsorganisation HO und der Posten des Gaststättenleiters im „Keglerheim“ gerade freigeworden. Sie griff zu. Der Hotelbetrieb war schon sein dem letzten Krieg auf der Strecke geblieben. Aus der Gästezimmern waren angesichts der großen Umsiedlerwelle und der nie mehr ganz verebbten Wohnungsnot Wohnungen und Büros entstanden. Und was sollte ein Hotel auch einspielen? Wer logierte schon in einer kleinen staubigen Stadt, deren einzige Attraktion die Mauer war?(Wird fortgesetzt) (Von Hiltrud Müller)

 

Quelle: Märkische Allgemeine / Havelländer vom 07.01.2010